Samstag, 13. Februar 2010

In W? trauern

Der Trauermarsch, den eine Junge Landsmannschaft Ostdeutschland zum 65. Jahrestag des anglo-amerikanischen Bombenangriffs auf Dresden plant, steht unter dem Motto: „Gegen Krieg, Bombenterror und Vertreibung!“ Ein unanfechtbarer Appell, selbst wenn man in Rechnung stellt, daß es den Organisatoren um die politische Provokation und den schmerzenden Stachel für den offiziellen Gedenkbetrieb geht statt um die Bekundung von Trauer.
Ihre Erwartung hat sich bereits erfüllt. Seit Wochen findet eine Gegenmobilisierung statt, die einschlägige Antifa-Initiativen, Politiker, Künstler, Gewerkschafter, Kirchenführer, Medienvertreter – die sogenannte Zivilgesellschaft – umfaßt. Am 13. Februar soll eine Menschenkette durch die Dresdner Innenstadt gebildet werden. Die Teilnehmer sind aufgerufen, sich eine weiße Rose anzuheften: eine obszöne Berufung auf die 1943 hingerichteten Geschwister Scholl. Die Scholls handelten unter Lebensgefahr, gestützt allein auf ihr Gewissen und aus der konsequentesten Sezession heraus. Die Gegendemonstranten haben das staatliche und mediale Wohlwollen auf ihrer Seite und die Aussicht auf ein herzerwärmendes Kollektiverlebnis. Zum Bombenjubiläum die Widerstandsinszenierung als Wochenendspaß! Wer sich so etwas ausdenkt, hat die Trauermarschierer wirklich verdient.
Frei von ideologischen Beschränkungen
Der eskalierende Streit hat wieder klargestellt: Die Selbstverständlichkeit, mit der Opfer von Krieg, Vertreibungen und Bombardements geehrt werden, gilt in Deutschland nicht, wenn es sich dabei um Deutsche handelt. Die Nachgeborenen verweigern ihren Toten den gebührenden Respekt. Die deutsche Zivilgesellschaft, ob sie nun in Dresden die Bombentoten für den „Kampf gegen Rechts“ in Stellung bringt oder in Berlin die Erinnerung an die Vertreibung sabotiert, erfüllt nicht einmal zivilisatorische Mindeststandards.
Zu diesen zählt die ehrende Erinnerung an die eigenen Toten, die unauflöslich mit der Sittlichkeit der eigenen Existenz verbunden ist. Nur wenn die Nachfahren sich in ein unverstelltes, von politischen Nützlichkeiten und Konjunkturen freies Verhältnis zu ihren Toten setzen, können sie sich selber menschlich, frei von ideologischen Beschränkungen zueinander verhalten. Indem man jenen, die in die gleichgültige Natur zurückgesunken sind, in der Trauer eine neue Art von Dauer verleiht, läßt man das Leben über die Verwesung siegen. Auf die staatliche und nationale Ebene übertragen heißt das: Die moralische Berechtigung und Lebensfähigkeit der Bundesrepublik hängt wesentlich davon ab, wie sie sich zu den Opfern der nationalen Katastrophen stellt, also zu ihren gefallenen Soldaten, den Vertriebenen, den Bombenopfern.
Geistig-moralische Selbstabschaffung
Diese unverzichtbare „Trauersolidarität“ (Peter Furth) wird in Deutschland von einem antifaschistischen Zweckrationalismus verstellt. Die Täterrolle der Deutschen und die Opfer- und Befreierrolle der anderen – ohnehin ein unhistorischer Gegensatz – werden verabsolutiert und totalisiert. In der Folge wird die deutsche Schuld noch für die unschuldigsten Opfer, die Kinder, unhintergehbar, nur weil sie von deutschen Müttern geboren wurden. Barbarisch ist das sowohl im Hinblick auf die Toten wie auf diejenigen, die um sie klagen. Wenn die Totenklage zum Argument wird, das die eigenen Schuldgefühle verstärkt, dann gerät der Klagende in eine paranoide Situation: Entweder er versagt sich Erinnerung und Trauer und wird zum Zombie, oder er akzeptiert in der Trauer zugleich seine eigene Nichtigkeit. Beides kommt auf der kollektiven Ebene der geistig-moralischen Selbstabschaffung gleich, die unfähig macht zur Selbstbehauptung und eine Entwicklung vorantreibt, an deren Ende durchaus der Volkstod stehen könnte. >>

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